Was war?

8.11.2008
Brandanschläge in der BRD

Nahezu zeitgleich innerhalb einer Stunde verüben Unbekannte mindestens neun Brandanschläge auf Signalanlagen der Bahn AG. Mit Brandstiftungen unter Einsatz von Brandbeschleunigern werden auf der Rheintalstrecke im Bereich Karlsruhe, im Bereich Hamm, Wiesbaden, Hamburg-Rheinbeck und im Großraum Berlin Kabel von Signal-, Funk- und Telefonanlagen der Bahn AG zum Teil erheblich beschädigt.

Zwischen Grebenstein und Hofgeismar in Nordhessen zünden Unbekannte Signalkabel an. Nach dem Anschlag können die Signale zunächst nicht mehr gesteuert werden und schalten automatisch auf Rot. Deshalb fallen auf der Strecke von Kassel in Richtung Paderborn etliche Züge aus.

In Wiesbaden-Schierstein legen Unbekannte Reifen auf einen Kabelkasten der Bahn und zünden sie an. Eine 25-minütige Streckensperrung sorgt dafür, daß sechs Züge auf der rechten Rheinstrecke von Wiesbaden in Richtung Koblenz Verspätung haben. Auf einem angrenzenden Feldweg ist der Schriftzug „Gegen Castor“ gesprüht.

Gegen 4 Uhr werden Brände an den Bahngleisen bei Borkheide (Potsdam-Mittelmark), Kerzendorf (Teltow-Fläming), Paulinenaue und Dallgow-Döberitz (beide Havelland) entdeckt. In Paulinenaue werden zwei Signalanlagen zerstört.

Zwischen Spandau und Rathenow wird ein Kabel beschädigt, über das die schnellfahrenden Züge Informationen zu Signalen erhalten. Hier können die ICE-Züge deshalb statt mit Tempo 250 nur noch 160km/h fahren.

Zunächst geht die Bundespolizei von Böschungsbränden aus und verständigt die Feuerwehr. Bei genauerer Überprüfung stellt sie fest, daß die Abdeckungen an den Kabelschachtanlagen entfernt und anschließend gezielt Brände gelegt worden sind. In den Kabelschächten finden sich Brandbeschleuniger.

Durch die Brände kommt es zu starken Beeinträchtigungen im Regional- und Fernverkehr. Betroffen sind insbesondere die ICE-Strecken Hamburg-Berlin sowie Berlin-Wolfsburg-Hannover. Wegen Reparaturarbeiten an den Anlagen müssen Züge langsamer fahren. Zwischen Nauen und Paulinenaue sowie Belitz-Heilstätten und Belzig ist bis Samstagmittag der gesamte Schienenverkehr lahmgelegt.

In Brandenburg gerät durch den Atommülltransport nicht nur der Fahr-, sondern auch der Spielplan durcheinander. Zur Sicherung des Zuges sind in Deutschland 16.000 Polizisten im Einsatz, darunter rund 600 Bereitschaftspolizisten aus Brandenburg. Brisante Fußballspiele mit erhöhtem Sicherheitsrisiko wie die Partie SV Babelsberg gegen Hallescher FC sind deshalb abgesagt worden.

Insgesamt haben die bundesweiten Aktionen „massive Zugverspätungen“ und Sachschäden in Millionenhöhe zur Folge gehabt, erklärt Bahnchef Hartmut Mehdorn. 1.300 Züge seien wegen der Anschläge verspätet gewesen, 137 ganz ausgefallen. Die Bahn macht „linksmilitante Castor-Gegner“ für Millionenschäden an ihren Anlagen durch Anschläge verantwortlich.

Hakenkrallen in Frankreich

Sabotageaktionen an 4 Stellen auf der Hochgeschwindigkeitstrasse (LGV) Nord, Südost und Ost sorgen für großes Chaos im Wochenend-Reiseverkehr der französischen Bahn.

Hauptsächlich betroffen ist die TGV-Linie von Paris nach Lille und Lille-Paris. Dort kommen gegen 7.25 Uhr in Fresnoy-la-Rivière und in Montagny-Sainte-Félicité (beide im Bezirk Oise) 2 Züge zum Halten. Grund sind 2 in die Oberleitung gehängte Hakenkrallen, die bei der Durchfahrt die Stromabnehmer von der Versorgung trennen.

Im Bezirk Yonne verursacht eine Hakenkralle auf der TGV-Linie Südost in Passily ebenfalls Verspätungen von 10 bis 45 Minuten.

Auf der TGV-Linie Ost wird in Coulombs-en-Valois im Bezirk Seine-et-Mame mit gleicher Technik ein TGV zum Anhalten gebracht, was Verspätungen von bis zu 4 ½ Stunden mit sich bringt.

In der Folge bricht wegen der notwendigen Umleitungen das gesamte Streckennetz des Nordens zusammen, so der Bahnchef Guillaume Pepy. Die Reisenden müssen Verspätungen von zum Teil mehreren Stunden in Kauf nehmen. Betroffen sind 160 französische Hochgeschwindigkeitszüge TGV, und die europäischen Thalys und Eurostars.

Der 11. November ist in Frankreich seit dem Waffenstillstand nach dem Weltkrieg 1918 Feiertag, deshalb sind an diesem Wochenende besonders viele Menschen unterwegs und Zehntausende von den Verspätungen betroffen. Sie sitzen auf Bahnhöfen oder in Zügen auf der Strecke fest. Die SNCF sagt zu, zum Teil die Fahrtkosten zurückzuerstatten und beziffert den finanziellen Schaden der Anschläge auf bis zu 1 Million Euro.

In ersten Kommentierungen bemühen Politiker und Medien das Konstrukt einen internationalen „Terrornetzwerks“ und einer Wiederkehr „linken Terrorismus“ im Stile der 70er Jahre. Solche Deutungen stehen im auffälligen Widerspruch zu Stellungnahmen der Polizei, die bestätigen, dass die Hakenkrallen offenbar umsichtig angebracht wurden, um eine Verletzung von Menschen auszuschließen. Die Hakenkrallen seien so angebracht worden, dass sie Schaden an den Oberleitungen anrichten konnten, ohne Menschen zu gefährden.

Die Innenministerin Michele Alliot-Marie sagt dazu: „Diese Menschen haben die SNCF angegriffen, da sie ein Symbol für den Staat ist und sie sich sicher sein konnten, dass dies großes mediales Aufsehen erregen würde.“
(Zeitung Libération, 14.11.08)

In einem BekennerInnenschreiben werden die Brandanschläge in Deutschland und die Hakenkralleanschläge in Frankreich in einen deutlichen politischen Zusammenhang zu dem an diesem Tag rollenden Atommülltransport von La Hague nach Gorleben gebracht. Die Reisenden werden „in Anbetracht der politischen Dimension der laufenden Verarschung, Verdummung, Verseuchung und Verelendung um das geneigte Verständnis“ gebeten.