Tribune de Genève: Schienenstrecken Sabotage – Das Gericht entlässt drei Verdächtige und die Akte fällt in sich zusammen

Zwei weitere Mitglieder der anarchistischen Lebensgemeinschaft aus Tarnac bleiben vorläufig in Untersuchungshaft. Merkwürdige Polizeitaktik der Gendermerie vor dem Ausgang des Appellationsgerichtshofes [1] in Paris.

«Handlungen und Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung».  Der Titel der Beschuldigungen wiegt schwer. Ohne Zweifel zu schwer für die Schultern der neun jungen Anarchisten einer Wohngemeinschaft aus Tarnac in Limousin.
Verdächtigt die jüngste Serie von Sabotageanschlägen verübt zu haben, welche Störungen auf mehreren TGV Strecken in Frankreich verursachte, wurden 5 der neun verdächtigen vor 3 Wochen inhaftiert.  Gestern Nachmittag wurde ihr Fall vor der Untersuchungskammer des Appellationsgerichtshofes in Paris geprüft. Wie gewöhnlich in Frankreich fand die Anhörung hinter verschlossenen Türen statt. Folglich war es eine der Anwälte der Beschuldigten — Me Irène Terrel — die die Entscheidung des Gerichtes vor einem Wald voller Mikrofone und Kameras verkündete: Drei der Verdächtigen wurden entlassen und zwei weitere – darunter Julien, 34 Jahre, der von der Polizei als «Haupverdächtiger» präsentiert wird – bekamen ihre vorläufige Verhaftung bestätigt.

Baader Meinhof Bande inmitten von  Ziegen in Corréziennes!
Nach der Verhaftung der Anarchisten aus dem kleinen Dorfes Tarnac kündigte die Innenministerin Michèle Alliot-Marie die Zerschlagung einer gefährlichen Gruppe von Ultralinken die seit Monaten schrittweise von vielen Polizisten überwacht wurden. Wir würden uns daher vor einer Art Wiederauferstehung der Baader Meinhof Bande inmitten von Ziegen in Corrézienne befinden !
Drei Wochen später erscheint die gerichtliche Bilanz recht dürftig. Von neun Personen die wegen «Terrorismis» beschuldigt wurden kamen vier umgehend wieder frei, drei weitere wurden gestern entlassen und nur zwei bleiben vorläufig in Untersuchungshaft.
«Das ist eine scharfe Missbilligung für die Innenministerin die diese leere Akte politisch und medial instrumentalisierte» erklärt uns Frau Irene Terrel.
Warum haben die Polizisten einen Zusammenhang zwischen der anarchistischen Wohngemeinschaft und den Sabotageanschlägen auf das Schienennetz hergestellt ? Da alles etwas unscharf ist in dieser Geschicht, Comme tout est flou dans cette histoire, on ne peut qu’user du conditionnel pour en narrer les éléments disparates. Schriftliche unterlagen die auf eine Schienensabotage hinweisen wurden auf der Farm der Anarchisten gefunden. Der Hauptverdächtige wurde nahe einer sabotierten Bahnstrecke von Polizisten die ihm folgten gesehen. Aber sie haben sie nicht auf frischer tat ertappt.

Weitere Ursachen für ein Unwohlsein ist die gewählte Taktik der Polizei gegenüber den Besuchern gestern Abend vor dem Justizpalast  in Paris. Als etwa dreissig Nahestehende der Angeklagten das Gericht verliessen und dabei das traditionelle «Lasst unserer Kameraden frei»  skandierten,  haben die Polizisten in Riotuniform im Stil «Robocop» alle Personen die sich auf der anderen Seite der Gitter aufhielten eingekesselt, einschliesslich dem Verfasser dieser Zeilen. Hätte man eine Konfrontation provozieren wollen, hätte man es nicht besser versuchen können. Und diese blieben nicht aus. Während einer dieser Zusammenstösse haben wir beobachtet wie eine Person verhaftet wurde.  Wirklich, in dieser Affaire läuft nichts rund !

[1] entspricht etwa dem dem deutschen Oberlandesgericht. ( Anm. Übers.)


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