Solidarität mit Yildune, Julien, Mathieu, Manon, Gabrielle, Elsa, Benjamin, Bertrand und Aria


In Frankreich werden neun Menschen beschuldigt, Mitglied einer kriminellen Vereinigung mit terroristischen Zielen zu sein. Zwei von ihnen sitzen seit dem 11.9.08 im Knast. Insgesamt fünf seien observiert bzw. kontrolliert worden, als sie sich in der Nähe von Bahnstrecken des Hochgeschwindigkeitszuges TGV aufhielten, wo es später aufgrund von Hakenkrallen in den Oberleitungen zu zahlreichen Verspätungen im Zugverkehr kam. Zeitlich fiel dies zusammen mit Arbeitskämpfen der Bahnarbeiter_innen und dem anstehenden Castor-Transport aus Frankreich nach Deutschland. Während den Hausdurchsuchungen bei den Beschuldigten seien neben Eisenrohren und Schweißgeräten "anarchistische Literatur" gefunden worden.

Das erinnert doch sehr an einen Fall in der Bundesrepublik. Auch hier wird der Vorwurf erhoben, sieben Berliner seien Mitglied einer zunächst "terroristischen", inzwischen "kriminellen Vereinigung" – der Militanten Gruppe. Drei von ihnen sollen bei einer militanten Aktion beobachtet worden sein: Der versuchten Zerstörung von Bundeswehrfahrzeugen. Das war im Sommer 2007, einige Zeit bevor der deutsche Bundestag über die Verlängerung des Afghanistaneinsatzes der Bundeswehr entscheiden sollte. Auch in Berlin wurde bei den Hausdurchsuchungen linke Literatur entdeckt: Neben einem Minihandbuch für Militante waren es Werke von Karl Marx bis Karl-Heinz Roth.

Politische Repression und die Kriminalisierung linker Politik erfordert eine politische Antwort. Solidaritätsarbeit kann sich mit den Vorwürfen politisch auseinander setzen. Das ist nicht leicht und konfliktgeladen. Wir versuchen es trotzdem.

Unseren französischen Freund_innen und Genoss_innen wird von Politikern und Medien vorgeworfen, internationale Kontakte in die USA, nach England, Belgien, Italien, Griechenland und Deutschland zu pflegen. Angesichts der Globalisierung ist uns schon lange klar, dass internationale Kontakte, Netzwerke und Organisierungen notwendig sind, um dem internationalen Kapitalismus wirksam etwas entgegenzusetzen. So haben wir uns an internationalen Mobilisierungen beteiligt und sind zu politischen Protest-Events gereist. Zum G8-Gipfel 2007 in Heiligendamm haben wir in unseren Zusammenhängen, in der Interventionistischen Linken, bei dissent, im revolutionären Bündnis besonders auf internationale Kontakte gesetzt und beispielsweise auf den Sozialforen für die Proteste mobilisiert. Wir haben dabei solche Menschen angesprochen wie diejenigen, die jetzt in Frankreich des Terrorismus beschuldigt werden. Und das gilt ebenso für die laufende Mobilisierung gegen den NATO-Gipfel in Strasbourg und
Baden-Baden im April 2009. Bei den dort geplanten Aktionen des zivilen Ungehorsams brauchen wir unsere französischen Genoss_innen. Sie müssen raus aus dem Knast. Wir wollen mit ihnen gemeinsam auf den Straßen in Deutschland und Frankreich für eine Welt ohne NATO und ohne Kriege kämpfen. Das verstehen wir als Teil unserer internationalistischen Politik.
Unseren französischen Freund_innen und Genoss_innen wird eine militante Praxis vorgeworfen. Linke französische Gewerkschaften verstehen diese Militanz als Beitrag zu ihren Arbeitskämpfen. Auch wir setzten in Heiligendamm bewusst auf regelverletztenden Protest und Widerstand. Auch beim Castortransport gehören Gesetzesverstöße – von Sitzblockaden bis zu Hakenkrallen – zum Repertoire. Es ist legitim, sich auch mit diesen militanten Formen der Atompolitik entgegenzustellen. Es ist legitim, mit Hakenkrallen in Arbeitskämpfe einzugreifen, gegen Castortransporte und gegen kapitalistische Ströme vorzugehen. Und zum Bau von Hakenkrallen braucht man Metallrohre und Schweißgeräte.

Unsere Freund_innen und Genoss_innen in Frankreich, ebenso wie in Deutschland, werden in den schwärzesten Farben gemalt. Staatsanwälte, Politiker und Medien werfen ihnen vor, Terroristen und Kriminelle zu sein. Wenn sie unter Terrorismus meinen, für eine Gesellschaft zu kämpfen, in der Ausbeutung und Unterdrückung überwunden sind, dann sind auch wir Terroristen. Dieses Verbrechen gestehen wir ein. Auch wir überlegen am kommenden Aufstand und wie wir ihn vorbereiten können. Denn wir wollen eine andere, bessere Welt. Und wer die herrschenden Verhältnisse überwinden will, muss etwas gegen sie tun. Das, was unseren Freund_innen und Genoss_innen vorgeworfen wird, ist ein notwendiger Beitrag dazu.

Unsere Freund_innen und Genoss_innen in Frankreich, dem Land der Revolution von 1789, hätten sich von der Action Directe inspirieren lassen. Als Menschen, die unter Solidaritätsarbeit auch verstehen, linke Politik zu verteidigen, sehen wir keinen Anlass, diese Meldung der britischen Times zurückzuweisen. Die Genoss_innen der Action Directe und anderer Stadtguerillagruppen wie RAF und Roten Brigaden wollten auch nur die Revolution. Warum sich nicht bei ihnen Inspirationen holen?

Temporäre Gruppe Ziviler Ungehorsam

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