Statement des Unterstützungskomitees Limoges zum 11. Mai 2009
„Wir sind alle Moniereisen“ steht hier oben auf dem Transparent. Denn darum geht es. Und um diese ununterstützbare Parole: Der Zug der alltäglichen Routine darf nicht zum Entgleisen gebracht werden. Geht weiter, hier gibt es nichts zu sehen! Und ob! Es gibt durchaus was zu sehen. Zunächst gibt es da neuen Leute, die seit vergangenem November einem Staat ausgeliefert sind, der sich selbst an Machtlosigkeit und Unfähigkeit übertrifft. Aus dieser Perspektive ist die Repression und ihre Anklagen nichts als eine Farce, eine schlechte Farce, eine tragische Farce
Was also tun? In einer Zeit, in der Soldaten die Bahnhöfe füllen und die Bullen in Schulen intervenieren ? können wir dieser Militarisierung des öffentlichen Raumes gleichgültig zusehen? Können wir zulassen, dass diese Regierung straflos Anti-Terror-Maßnahmen nutzt, um Aktivist_innen einen Maulkorb zu verpassen? Können wir zulassen, dass sie sich mit ihren lauten und populistischen Reden über uns lustig machen? Könne wir die Enttäuschung der AusländerInnen hören, die sie andauernd verhaften, einsperren und von ihren Grenzen weg deportieren?
In dieser auf dem Kopf stehenden Welt, in der den Reichen gegeben wird was man den Armen nimmt: Werden wir die Ordnung der Dinge außer Kraft setzen, wenn wir ? irgendwo ? jemandem helfen der oder die nicht über die richtigen Identifikationspapiere verfügt? Ja! – Wenn wir zu Hakenkrallen werden, die das miserable herrschende Milieu sabotieren; zum Sandkorn, das die Maschine schrottet; zum Bazillus, der so vieles möglich macht. Und auch, indem wir lautstark unser Missfallen mit dieser verkommenen Macht demonstrieren. Darum geht es. Wenn wir akzeptable Arten zu leben schaffen wollen, bekommen sie es mit der Angst zu tun und überwältigen uns. Und tatsächlich ist es die Jugend ? nicht im biologischen Sinn, sondern als Elan, als Dynamik ? die sie einsperren. Geht weiter, hier gibt es nichts zu sehen!
Es geht um die Sabotage der alltägliche Routine. Und so nahm die Demo am Montag den Charakter eines enthusiastischen und freudvollen Karnevals an, der seine streitbare Tradition nicht vergessen hat. Ein Karneval, abgehalten um diejenigen auszukotzen, die uns regieren, uns verachten, uns töten. Ein maskierter Karneval. Denn nichts rechtfertigt die Idee, dass die Kapuze nur für Agenten der SDAT und Disziplinatoren der ERIS da ist, um Gefangene zusammenzuschlagen. Ein lärmiger Karneval, denn die Wut die zum Ausdruck kommt, die Rage, die uns durchströmt, kann angesichts der wachsenden Ungerechtigkeit kaum mit gedämpfter Empörung befriedigt werden. So enthusiastisch und freudvoll, dass wir uns verausgabten beim Heraussingen unserer Solidarität! Und mensch muss die lachenden Gesichter gesehen haben, um zu wissen, dass es eine Waffe gibt, die viel kraftvoller und lebenswerter ist als das »Jeder für sich« dieser degenerierten Welt. Am vergangenen Montag abend trat unter dem Sturm einer nach Billy Club und Armut stinkenden Welt eine Parade dem Knast entgegen. Die abschließende Geste einer lüsternen Kraft ? gegenüber einigen Boten der CRS und in großer revolutionärer Tradition – war das Zünden von Feuerwerk vor dem Gefängnis. Mit dieser populären pyrotechnischen Vorstellung riefen wir unsere Unterstützung für Julien und alle anderen Gefangenen in Erinnerung. Denn diese Festival war auch das ihre, nicht zuletzt weil es „Mauer für Mauer und Stein für Stein“ nötig sein wird, alle Gefängnisse zu zerstören.
Kein Waffenstillstand, keine Rast. Indem sie sich weigern, das laufende Verfahren abzubrechen, indem sie Julien weiter in Haft behalten, beharren die Richter darauf, einzig den Phantasmen ihrer kranken Hirne zu gehorchen. Dieses anti-terroristische und pro-Sicherheits-Delirium muss enden. Sofort.