Demonstration in Paris am 31. Januar: Sabotiert die Terrorismusbekämpfung!

"Was wird angegriffen ? Unsere Kämpfe, unsere Worte, unsere Lebensweise, unsere Waffen, unsere Freundschaften und die Möglichkeit sich der herrschenden Verhältnisse entgegenzusetzen" zitiert der Aufruf zur frankreichweiten Anti-Repressions-Demonstration des Unterstützungskomites in Tarnac für die 9 Menschen, die am 11.November unfein aus ihren Betten direkt in den Knast befördert wurden. Einer von Ihnen, Julien, bleibt zumindest bis zum 30. Januar im Gefängnis. Dann besteht für ihn wieder die Chance, einen Haftfreilassungsantrag zu stellen, der dann wie schon im Dezember, vom Oberstaatsanwalt mittels eines "référé-détention" abgelehnt werden kann (hier auf englisch erklärt). Mittlerweile wurde der anonyme Hauptbelastungszeuge gegen Julien als "Mythomane" entlarvt. Wieso wurde das nicht längst auch für Innenministerin Michèle Alliot-Marie  diagnostiziert wurde?

Der Aufruf trifft es auf den Punkt, auch ein Grund weshalb es zu einem breiten Bündnis kam um diesen Aktionstag stark zu machen:

"’Kriminelle Vereinigung‘, ‚kriminelle Vereinigung im Zusammenhang mit einer terroristischen Vereinigung‘ sind Teil dieser kleinen Kriegsmaschine, mit der man regiert. In Tarnac wie in Villiers-le-Bel, in Goutte d’or, wie in Vincennes, dieselben Methoden, auch im Krieg. Bush hatte uns gewarnt: ‚Der Krieg gegen den Terror wird ohne Ende sein‘. Heute ist es der gemeinsamen Horizont aller Regierungen….".

Es geht nicht nur um Julien, Yldundie und die 7 anderen aus Tarnac, sondern auch um Isa, Damien, Farid, Ivan, Paco, Bruno, die Verhafteten von Vierzon und Vincennes! Es geht aber auch um all diejenigen, die sich von der Situation eingeschüchtert fühlen, gelähmt, verunsichert, immobil.

Der Anti-Repressionstag, mit dem Motto "sabotiert die Terrorismusbekämpfung" mit der Demonstration in Paris ist breit angelegt. Es gibt kein eiheitliches Motto, jedeR kann sich einbringen wie er/sie das möchte. Die Ansätze sind sehr verschieden: Solidarität für die Tarnac9 oder Solidarität mit den früheren Betroffenen des "Anti-Terror Gesetzes". Es gelang noch immer nicht, der Öffentlichkeit die Unfaßbarkeit dieses Gesetzes transparent zu machen. Es wird von vielen Teilen der Bevölkerung unterstützt, während die Forderung nach seiner Abschaffung zurückhaltend sind.

Viele haben den Ansatz, die Repressionspolitik ausserhalb des "Terror-Paragraphen" anzuprangern, weil es Sinn macht das Gesamtbild wiederzugeben von dem Tarnac und Co in gewisser Weise die Spitze des Eisberges sind. Repression gegen "sans papiers" ( Menschen ohne Aufenthaltsgenehmigung ), Schüler und Studenten, Antifa-Aktivisten, Vereine und Gruppen die sich für Migranten stark machen werden regelrecht verfolgt, überwacht, verhaftet und verhört. Unangemessen hohe Strafen für Bagatelldelikte gehören zu den beinah täglichen Nachrichten, allerdings nicht in den Massenmedien.
Ein Klima der Unsicherheit entstand, nicht zu wissen wie weit noch gegangen werden kann, was legal ist und was nicht, was verfolgt  wird und was nicht, komme ich von der nächsten "manif" nicht nachhause sondern finde mich im Knast wieder, für seit Dezember bis zu 140 Stunden in Untersuchungshaft, ohne weitere Begründung ausserhalb der Tatsache dass eine politische Veranstaltung besucht wurde?
Die Gesetzeslage ist in vielen Bereichen unklar, da Innenministerium und Sarkozy gerne daran modifizieren und diese auch gleich verabschieden, wenn gerade niemand hinsieht. Monate später erst, wenn eine Einspruchspflicht abgelaufen ist, werden die Modifikationen in die Tat umgesetzt.

Nichtsdestotrotz, mit Repression kommt der Widerstand: Selten in den letzten Jahren wurde in Frankreich soviel geschrieben, protestiert, Solidarität kundgetan, vernetzt, Bündnisse eingegangen, organisiert und rebelliert.
Seit Sarkozys‘ Wahl zum Präsidenten wurde auf schlecht besuchten Demos "France, reveille toi" gerufen, "Frankreich, wach auf!".

Es scheint, als habe die Innenministerin mit der Medienmontage um Tarnac dahingehend fleissig mitgeholfen, aber ein Dankeschön ist das sicher nicht wert. Aber es zeigt ein Stück weit die Absurdität der Situation im Kontext mit der globalen Wirtschaftskrise und den Aufständen in vielen Ländern, wie sie auch Sarkozy für Frankreich befürchtet. "Regardez ce qui ce passe en Grece!", "Seht was in Griecheland passiert!" wurde er ängstlich in der Presse zitiert. Zeitgleich mit weiteren Aussagen, die eine Renaissance der "Ultra-Linken" beschwören, von  "Terroristen" und "militanten Gruppierungen".
Nachdem im Dezember viele Schulen und Universitäten besetzt wurden und Studenten, Lehrer und Professoren zum Streik mobilisierten, wurde mal eben die Bildungsreform LRU zurückgezogen, eine zweite CPE Revolte sollte dann doch nicht riskiert werden. Könnte als Erfolg gewertet werden, würde mensch nicht wissen dass aufgeschoben nicht aufgehoben ist und allenfalls eine aufkeimende Bewegung erstickt wurde.

Alles steht auf Konfrontationskurs: es muss eine extrem gefährliche "linke Szene" nachgewiesen werden, um die Mittel zu rechtfertigen, die gegen Proteste gegen die kommende Rezession in Stellung gebracht werden.

Eine Kampfansage an den "Anti-Terrorismus" isz unterwegs, nach Monaten der permanenten Unsicherheit und gravierenden Veränderungen kommt Bewegung in die Bewegung: Aktivisten und Gruppen vernetzen und wehren sich mit einer gemeinsamen Demonstration gegen staatliche Repression: "L’état d’urgence permanent ne nous fait plus peur; contre l’antiterrorisme comme mode de gouvernement: Organisons-nous" ("der permanente Ausnahmezustand macht uns keine Angst mehr; gegen Anti-Terrorismus als Regierungsmodus: Organiseren wir uns!").

Freilassung der Angeklagten des "Anti-Terror Gesetzes"!
Strafverfolgungen einstellen!
Repression wird einen Wandel nicht verhindern!

per email, thx!

One response to “Demonstration in Paris am 31. Januar: Sabotiert die Terrorismusbekämpfung!”

  1. a

    Laut http://www.soutien11novembre.org wurde auch der neue, am 30. Januar eingereichte, Haftentlassungsantrag abgelehnt. Julien bleibt weiterhin im Knast.